Dienstag, 6. Juni 2017

Lockt Rotwild Menschen in den Wald?

Nach der Befragung Erholungssuchender  im Rahmen einer Bachelorarbeit liegen nun die Ergebnisse vor

Ist Rotwild für Erholungssuchende interessant? Oder konkreter: Spielt die Anwesenheit von Rotwild für den Besuch eines touristischen Reiseziels eine Rolle oder sind hierfür eher andere Faktoren ausschlaggebend? Und inwiefern lässt sich Rotwild für touristische Zwecke nutzen?

Diese Fragen untersuchte Miriam Elliger, Forstwissenschaftsstudentin an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und Mitarbeiterin im Projekt Rotwildkonzeption Nordschwarzwald, in ihrer Bachelorarbeit. Im September und Oktober 2016, in der Zeit der Rotwildbrunft, befragte sie in den Rotwildgebieten Schönbuch und Nordschwarzwald Erholungsuchende, die tagsüber in den Gebieten unterwegs waren. Angesprochen wurden zum Beispiel Einzelpersonen oder Familien, die spazieren gingen, grillten, wanderten, Rad fuhren oder ihren Hund ausführten – eben alle, die unter der Woche oder am Wochenende an den ausgewählten Befragungspunkten vorbeikamen.

Zusätzlich wurden Teilnehmerinnen und Teilnehmer an in den Gebieten stattfindenden Rotwildführungen befragt.

Die Ergebnisse dieser Befragung zeigen: Die Einstellung Erholungsuchender gegenüber Rotwild ist sehr positiv. Das Interesse an Rotwild ist vorhanden, der Beobachtung der Tiere wird zudem ein hoher Erlebnis-, Freizeit- und Erholungswert beigemessen. Auch die zur Brunftzeit mehrmals stattfindenden Rotwildführungen sind nach Aussagen der Veranstalter jedes Jahr sehr gut besucht.

Titelblatt Bachelorarbeit
Wussten die Befragten über die Anwesenheit des Rotwilds Bescheid?

Dennoch spielt Rotwild bei der Entscheidung für oder gegen ein touristisches Reiseziel keine große Rolle, im Gegenteil: Die meisten der tagsüber im Gebiet befragten Erholungsuchenden gaben an, am Tag der Befragung nicht aufgrund des Rotwilds in den Wald gekommen zu sein.

Rotwild ist offenbar eher etwas für Spezialisten, ein Drittel der Befragten wusste nicht einmal, dass es vor Ort Rotwild gibt (hier zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen den Gebieten). Andere Attraktionen oder Ausflugsziele wie Gaststätten, Spielplätze oder die Landschaft schienen wichtiger für die Wahl eines Reiseziels.

Wie lässt sich also das gleichzeitige Vorhandensein von Interesse an Rotwild und mangelnder Motivation, seinetwegen eine Region zu besuchen, erklären? Die Antwort darauf ist einleuchtend und geht ebenfalls aus den Befragungsergebnissen hervor: Rotwild ist in freier Natur kaum erlebbar. Besonders tagsüber bekommt man es kaum zu Gesicht, dazu gehören einiges Glück und auch Fachwissen über den Aufenthaltsort der Tiere. Warum also eine Region aufsuchen wegen eines Tieres, das sowieso kaum sichtbar ist?

Natürlich ist Rotwild an einigen Orten erlebbar: In Zoos, Gehegen und Schaugattern können die Tiere beobachtet werden. Das ist für Erholungssuchende aber nicht dasselbe, das zeigen die Ergebnisse der Befragung deutlich.

Besucherinnen und Besucher möchten Rotwild lieber unter natürlichen Umständen und in freier Natur erleben, als hinter einem Zaun (siehe Grafik). Da das in Baden-Württemberg kaum möglich ist, verzichten Erholungsuchende lieber ganz auf eine Beobachtung der Tiere.

Wenn also eine touristische Inwertsetzung von Rotwild erfolgen soll, müssten die Tiere für Erholungsuchende in freier Natur erlebbar gemacht werden, so lautet das Fazit der Bachelorarbeit.

Wie möchten die Befragten Rotwild erleben?

Für eine Erhöhung der Rotwilderlebbarkeit müssten allerdings Änderungen im Rotwildmanagement erfolgen, die nicht immer den Interessen der hieran beteiligten Personengruppen entsprechen. Eine wichtige Stellschraube ist daher die Zusammenarbeit der Akteure. Denn nur wenn diese gewährleistet ist, kann eine flächenbezogene Abstimmung von Zielen und Maßnahmen im Rotwildgebiet erfolgen.

Im Schönbuch wurden solche Maßnahmen bereits realisiert. Durch eine schonendere Bejagungsart und durch die Einrichtung von fünf Ruhezonen zeigt das Rotwild hier bereits weniger Scheu und kann an zwei Beobachtungsschwerpunkten erlebt werden.

Im Nordschwarzwald findet eine Zusammenarbeit der am Rotwildmanagement beteiligten Akteure momentan im Rahmen des Projekts „Rotwildkonzeption Nordschwarzwald“ statt. Es ist eines der Ziele des Projekts, Rothirsche für Erholungsuchende erlebbar werden zu lassen.

 

Gerne schicken wir Ihnen die komplette Bachelorarbeit zu. Bei Interesse wenden Sie sich bitte per E-Mail an Miriam.ElligeratForst.bwl.de